Am 17. Juni 2016 hatten Deutschland und Polen einen Anlass, um gemeinsam ein besonderes Ereignis zu feiern. Es war der 25. Jahrestag der Unterschreibung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages, der die Beziehungen der beiden Staaten untereinander Wiedervereinigung Deutschlands neu nach der geregelt hat. Er gab auch der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen im Sinne der Versöhnung eine neue Qualität einer gleichberechtigten Partnerschaft.
Der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag (amtlicher Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit) wurde am 17. Juni 1991 in Bonn von Helmut Kohl (Bundeskanzler), Hans-Dietrich Genscher (Bundesaußenminister), Jan Krzysztof Bielecki (Ministerpräsident Polens) und Krzysztof Skubiszewski (Außenminister Polens) unterzeichnet. Er ergänzte den im Herbst 1990 ausgehandelten deutsch-polnischen Grenzvertrag, der eine der Vorbedingungen seitens der Alliierten für die deutsche Wiedervereinigung war. Beide Verträge wurden Ende 1991 durch die Parlamente ratifiziert und traten am 16. Januar 1992 in Kraft. In dem Vertrag wurden neben den allgemeinen Grundlagen mehrere Ebenen der Zusammenarbeit, z.B. in den Gebieten der Verwaltung, Raumordnung, Ökologie, des Katastrophenschutzes, Fremdenverkehrs, Technologietransfers, Kulturaustausches und des Minderheitenschutzes festgelegt.
Im Juni 2011 beschlossen die deutsche und die polnische Regierung in Warschau eine gemeinsame Erklärung zum 20. Jahrestag des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages. Darin setzten beide Seiten auf eine künftig noch engere Partnerschaft, um „den Versöhnungsprozess zwischen Deutschen und Polen fortzusetzen“. Es wurden fast hundert Projekte vereinbart, die Deutschland und Polen gemeinsam in der Zukunft realisieren sollten.
Seit der Unterzeichnung des Nachbarschaftsvertrages begann für beide Seiten ein intensiver politischer Dialog. Inzwischen haben die Kontakte zwischen Deutschland und Polen eine beeindruckende Dynamik entwickelt. Reger Austausch und unzählige Besuche auf höchster politischer Ebene sind Ausdruck der freundschaftlichen Partnerschaft und der guten Zusammenarbeit beider Länder. Hierzu gehören die im Vertrag vereinbarten jährlichen Regierungskonsultationen mit den Regierungschefs und Fachministern.
Es etablierte sich die Deutsch-Polnische Regierungskommission für grenzüberschreitende und interregionale Zusammenarbeit, die inzwischen die Rolle als ein wichtiger Akteur in der Ausgestaltung der Beziehungen zwischen Polen und Deutschland angenommen hat. Sie tagt einmal im Jahr abwechselnd in Deutschland und Polen. Den Co-Vorsitz auf deutscher Seite hat aktuell der Botschafter Joachim Bleicker, der Beauftragte für die Beziehungen zu den EU-Mitgliedsstaaten im Auswärtigen Amt inne. Auf der polnischen Seite hat den Co-Vorsitz Frau Anna Tulej, die Leiterin der Abteilung für Internationale Angelegenheiten des Ministeriums für Innere Angelegenheiten und Verwaltung der Republik Polen. Vier Ausschüsse unterstützen die Arbeit der Regierungskommission in folgenden Feldern: grenznahe Zusammenarbeit, Raumordnungsfragen, interregionale Zusammenarbeit sowie Bildungszusammenarbeit. Ein Beispiel grenzüberschreitender Kooperation ist das am 14. November 2012 unterzeichnete deutsch-polnische Abkommen über die Zusammenarbeit im Bereich des grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrs. Es wurde 2016 ratifiziert und soll dazu beitragen, dass insbesondere die Bevölkerung in der Grenzregion an Oder und Neiße eine zuverlässige und schnelle Anbindungen im Zugverkehr hat.
Die letzte Tagung der Deutsch-Polnischen Regierungskommission fand am 03. Juni 2016 in Potsdam statt. Zu den Themen der Gespräche gehörten unter anderen: Schaffung von neuen Eisenbahnverbindungen, Zusammenarbeit der Rettungsdienste, regionale Energiestrategien und Gründung einer deutsch –polnischen Fakultät der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) und der Adam-Mickiewicz Universität in Poznań. Die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Rahmen der INTERREG-Programme der EU, insbesondere durch die Umsetzung der kleinen Begegnungsprojekte, wurde lobend benannt.
Als Folge und als ein weiteres Ergebnis des Nachbarschaftsvertrages sind viele neue Institutionen entstanden, die heute für die deutsch-polnische Zusammenarbeit unerlässlich sind. Zuerst solle man das im gleichen Jahr (1991) gegründete Deutsch-Polnische Jugendwerk (DPJW) benennen. Bis heute hat es ca. 3 Millionen Jugendliche bei der Durchführung bilateraler Programme unterstützt. Der Träger der Euroregion PRO EUROPA VIADRINA, der Verein Mittlere Oder e.V. ist seit 2015 als Zentralstelle des DPJW für Brandenburg tätig.
Eine weitere Schlüsselinstitution zur Förderung der deutsch-polnischen Beziehungen ist die von den Regierungen beider Länder 1991 eingesetzte Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit mit Sitz in Warschau und in Potsdam , die bis dato tausende gemeinsame Projekte finanziert hat.
Jährlich wird ein Deutsch-Polnischer Preis für Persönlichkeiten bzw. Organisationen vergeben, die sich besonders für die deutsch-polnische Freundschaft verdient gemacht haben.
Für die Euroregion PRO EUROPA VIADRINA ist ein Themenbereich des Nachbarschaftsvertrages von besonderer Bedeutung – der im Artikel 12 des Vertrages beschriebene Abschnitt zur Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von Regionen, Gemeinden und Städten. Sein Inhalt lautet:
Artikel 12
(1) Die Vertragsparteien messen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Regionen,
Städten, Gemeinden und anderen Gebietskörperschaften, insbesondere im grenznahen
Bereich, hohe Bedeutung bei.
(2) Die Vertragsparteien werden diese Zusammenarbeit, insbesondere die Tätigkeit der
Regierungskommission für regionale und grenznahe Zusammenarbeit, auf allen Gebieten
erleichtern und fördern.
(3) Die Vertragsparteien lassen sich in der regionalen und grenznahen Zusammenarbeit
insbesondere von den entsprechenden Konventionen des Europarates leiten. Sie streben die
Einbeziehung dieser Zusammenarbeit in die Tätigkeit der entsprechenden europäischen
Gremien an.
Die gute Zusammenarbeit zwischen Brandenburg und der Wojewodschaft Lubuskie in den letzten Jahren hat ihre Quelle letztendlich auch in diesem Vertrag. Die unzähligen Kontakte auf institutioneller, gesellschaftlicher und unternehmerischer Ebene bestätigen dies. Zahlreiche Partnerschaften zwischen Gemeinden, Städten und Vereinen haben mit und ohne EU Unterstützung eine Dimension erreicht, die beispielhaft in der Geschichte beider Länder ist.
Anlässlich des 25. Jahrestages der Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit fand am im Collegium Polonicum in Słubice eine Festveranstaltung statt.
Beide Gastgeber, der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder), Dr. Martin Wilke, und sein Słubicer Amtskollege, Tomasz Ciszewicz, lieferten den versammelten Gästen einen Rückblick über die 25 Jahre erfolgreicher deutsch-polnischer Nachbarschaft in Frankfurt (Oder) und Slubice.
Der brandenburgische Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz, Stefan Ludwig, sowie der Vizemarschall der Wojewodschaft Lubuskie und ehemaliger langjähriger Vorsitzender des polnischen Trägervereins der Euroregion PRO EUROPA VIADRINA, Tadeusz Jędrzejczak, und Vertreter des Wojewoden der Wojewodschaft Lubuskie, Waldemar Gredka, würdigten die reife und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen und zwischen Brandenburg und Wojewodschaft Lubuskie, die bereits seit 25 Jahren erfolgreich im deutsch-polnischen Grenzraum gelebt und praktiziert wird. Besonders hervorgehoben wurde auch das Engagement vielen kleinen Akteuren aus unserem deutsch-polnischen Grenzgebiet, die durch die Umsetzung von Tausenden deutsch-polnischen kleinen Begegnungsprojekten der Euroregionen zu dem heutigen sehr guten Stand der nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschen und Polen wesentlich beigetragen haben. Den zwischenstaatlichen Stand der Beziehung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen reflektierte vor dem Hintergrund des Jubiläums der Botschafter im Auswärtigen Amt und Co-Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Regierungskommission, Joachim Bleicker.
Wie gut der aktuelle Stand der deutsch-polnischen Beziehungen sowie das gegenseitige Vertrauen und der partnerschaftliche Gedanke auf der lokalen und regionalen Ebene so ist, konnten sich die versammelten Gäste am Bespiel der Ergebnisse des aus dem Klein-Projekte-Fonds der Euroregion PRO EUROPA VIADRINA geförderten Projektes „Frankfurt-Słubicer Perspektivwechsel“ selbst überzeugen, im Rahmen dessen rund 40 Personen aus Politik, Verwaltung, Gesellschaft und Wissenschaft mit ihren Pendants von der anderen Seite der Oder ihren Arbeitsplatz tauschten. Der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder), Dr. Martin Wilke, und sein Słubicer Amtskollege, Tomasz Ciszewicz, der Präsident der Europa-Universität Viadrina, Prof. Alexander Wöll, sowie der Verwaltungsdirektor des Collegium Polonicum, Dr. Krzysztof Wojciechowski, berichteten über ihren erkenntnisreichen „Perspektivenwechsel“.
Im Anschluss wurde eine Ausstellung „25 Jahre gute Nachbarschaft“ feierlich eröffnet, die Zusammenarbeit beider Städte an Bespiel markanter historischer Ereignissen mit entsprechenden Bildern verewigt hat. Und am Abend lud das Oekumenisches Europa-Centrum in die Friedenskriche zu einer deutsch-polnischen Andacht ein.
Die letzten 25 Jahre der deutsch-polnischen Beziehungen waren durch viele Meilensteine sowie Höhen aber auch einige Tiefen geprägt. Der heutige Stand, vor allem auf der lokalen und regionalen Ebene im deutsch-polnischen Grenzraum und in der Euroregion PRO EUROPA VIADRINA, ist ohne Zweifel ein sehr guter, gekennzeichnet durch gegenseitiges Verständnis, Vertrauen zueinander und Anerkennung und Hochachtung füreinander und bildet somit ein nachhaltiges Fundament für die Weiterentwicklung und die Förderung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsgedankens. Vieles ist es uns in den letzten 25 Jahren gemeinsam gelungen, es gibt aber noch Vieles zu tun! Gehen wir es gemeinsam an!
Auf die weiteren 25 Jahre, auf die weitere Zusammenarbeit!