Durch grenzübergreifende Begegnungen kommt Europa im Herz der Menschen an
Die Vielfalt an Regionen und Kulturen in Europa ist weltweit einzigartig. Sie sind Fluch und Segen zugleich – die einerseits touristisch attraktive, faszinierende Vielfalt an Kulturen veranlasst Bürger, Grenzen zu überwinden. Andererseits erschwert eine solche Vielfalt oft gemeinsames Handeln, erscheint mancher Region der Aufbau von Grenzen als Lösung. Allerdings führen die globalen Herausforderungen deutlich vor Augen, dass ihnen die Staaten Europas nur gemeinsam wirksam begegnen können. Hierfür ebnet die Begegnung von Einwohnern der verschiedenen Regionen und Kulturen den Weg.
In diesem Tenor hielt Karl-Heinz Lambertz den Impulsvortrag zum Bürgerdialog von Landtag und Landesregierung Brandenburg am Donnerstag den 28.10.2021 in Frankfurt (Oder). Er ist Parlamentspräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, Mitglied im Ausschuss der Regionen (AdR) und Präsident der Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen (AGEG). Seit über 50 Jahren engagiert er sich für das Miteinander der Regionen und Kulturen, kennt unzählige Beispiele der kulturellen Vielfalt aus eigener Anschauung, ist intimer Kenner der Ursachen von Erfolg oder Misserfolg in Europa und weiß nur zu gut, wie mühsam der Weg zu gemeinsamen und letztlich erfolgreichen Lösungen ist.
Für Karl-Heinz Lambertz kommt hierbei den Grenzregionen zwischen den Staaten Europas eine herausragende Rolle zu. In ihnen lebt über 1/3 aller Europäer. Die zunehmende grenzübergreifende Verflechtung bringt die Menschen benachbarter Regionen zusammen. Das hieraus erwachsende, bessere gegenseitige Verständnis erzeugt Vertrauen und trägt dazu bei, in Rücksicht auf die Kultur und Besonderheiten der jeweils anderen Seite effektiv tragfähige Lösungen für Problemlagen zu finden. Der Vorteil des gemeinsamen Handelns in Europa kommt nun im Herz der Menschen an.
Dass die grenzübergreifende Begegnung und Zusammenarbeit zwischen den Einwohnern benachbarter Regionen kein Selbstläufer ist, sondern der Kontinuität und steten Unterstützung auf allen Ebenen, von EU bis zur Gemeinde bedarf, wurde im Arbeitstreffen von Herrn Lambertz mit Herrn Rainer Schinkel, dem Vorsitzenden des deutschen Trägervereins der Euroregion PRO EUROPA VIADRINA, am Freitag den 29.10.2021 von beiden bekräftigt. Herr Lambertz folgte der Einladung von Herrn Schinkel und informierte sich über das Engagement der Euroregion zur Verbesserung der deutsch-polnischen Zusammenarbeit. Hierbei wurde der durch die EU geförderte Kleinprojektefonds besonders gewürdigt, der die Begegnung von alljährlich tausenden Einwohnern beider Seiten unterstützt. Am Beispiel des durch die Euroregion erarbeiteten Bildungskonzeptes Viadrina 21+ stellten Herr Lambertz und Herr Schinkel ebenso einhellig die nachhaltige Wirkung von grenzüberschreitenden Kinder- und Jugendbegegnungen heraus. Beide stimmten auch darin überein, dass die Begegnungen und Gespräche angesichts der durch den EUGH gegen Polen verhängten Sanktionen auf allen Ebenen kontinuierlich fortgesetzt werden müssen.
„Wir haben auch Dank der INTERREG-Förderung in den letzten 30 Jahren ein Miteinander in vielen Fragen in der deutsch-polnischen Grenzregion erreicht. Unterschiede sind nicht immer Nachteile. Durch die vielen Begegnungsprojekte sind Partnerschaften und Freundschaften entstanden, die die Oder immer mehr als verbindendes Element, denn als Grenzfluss erscheinen lässt.“, fasste Rainer Schinkel zusammen.
In diesem Arbeitstreffen thematisierten Herr Lambertz und Herr Schinkel auch Verfahrensfragen zur EU-Förderung. Im Hinblick auf die neue EU-Förderperiode kamen u.a. die aktuellen politischen Ziele, die auf allen Ebenen anhaltend spürbare Bürokratie oder auch die Revision des TEN-Netzes zur Sprache. So stellte Herr Schinkel auf die Bemühungen der Grenzregion zur Aufnahme der Ostbahn in das TEN-Korridornetz vor und wies – bezugnehmend auf die jüngste Studie der IHK Ostbrandenburg zu Kapazitätsgrenzen der grenzübergreifenden Bahnlinien – auf die entlastende Rolle und internationale Bedeutung der Ostbahn hin. Hiermit sprach er ein weiteres Thema an, das auch in anderen Euroregionen relevant ist und ebenso ein gemeinsames Vorgehen verlangt.
Das sehr intensive und von Einhelligkeit geprägte Arbeitstreffen wurde von Herrn Schinkel auch genutzt, Herrn Lambertz für sein persönliches Engagement zur Unterstützung der Euroregion PRO EUROPA VIADRINA, auch im Namen vom Vorsitzenden des polnischen Trägervereins unserer Euroregion Herrn Jacek Wójcicki, herzlich zu danken und ihm als Präsident der AGEG für deren 50-jähriges Bestehen zu gratulieren, das in diesem Jahr begangen wird. Herr Schinkel verband hiermit auch den Dank an die AGEG, die die Euroregion in ihrer Gründungsphase zur Seite stand und seit dem auf Europäischer Ebene zuverlässig die Interessen der Grenzregionen vertritt.
Den Bericht können Sie hier herunterladen.